Armes Niedersachsen! (II)

Aller Anfang ist schwer, das war auch bei dem zukünftigen Leiter des niedersächsischen Wolfsbüros anlässlich einer Online-Konferenz im vergleichsweise frischen Wolfsgebiet der Grafschaft Bentheim festzustellen. Sein Vorgänger legte seinerzeit einen ähnlich fulminanten Auftritt hin, den die wolfszone.de so kommentierte:

Armes Niedersachsen!

Die wolfszone.de konnte es nicht live erleben, aber was die Grafschafter Nachrichten dazu am 30.11. unter dem Titel „Online-Konferenz mit dem Leiter des Wolfsbüros Hannover“ berichteten, lässt nicht auf wachsenden geistigen Wohlstand in dieser Dienststelle schließen.

 Zu der Feststellung: „Und wenn Nutztiere gerissen würden, fehle meistens der notwendige Herdenschutz.“ bestehen bei vielen betroffenen Tierhaltern in Niedersachsen berechtigte Zweifel, ob die Angaben in den Rissprotokollen immer mit der Realität und der vom Wolfsbüro veröffentlichten Liste übereinstimmen.

Ist das hier eine vorauseilende Entschuldigung für ausbleibende Erfolge? Sicher ist es so gut wie unmöglich, von Deutschland aus den Schutzstatus des Wolfes, er steht als prioritäre Art im Anhang II der FFH-Richtlinie, zu verändern. Diese Richtlinie und deutsche Gesetze sehen es aber vor, dass bei Schäden Ausnahmen von diesem strengen Schutz gemacht werden dürfen. Es die Aufgabe seiner Dienststelle, das angesichts der ausufernden Schäden in Niedersachsen rechtssicher und erfolgreich darzustellen.

Ein wenig Schwarzweißmalerei gehört auch dazu, denn es gibt für den Erhaltungszustand von Arten nicht nur „günstig“ oder „vom Aussterben bedroht“, was man dem Wolf in Deutschland heute nicht mehr unterstellen kann. Sein tatsächlicher Erhaltungszustand in DE ist derzeit ein Streitfall auf höherer politischer Ebene, der genau daran entzündet, dass für einen günstigen Erhaltungszustand keine Referenzwerte angegeben werden.

Im fachlichen Teil wird es dann endlich kurzweilig, wenn der Vortragende für Deutschland eine neue „arktische“ Wolfspopulation kreiert, die hier nicht dem Klimawandel zugeschrieben werden soll. Wer so ein Büro leiten möchte, sollte zwischen Populationen einer Art und biogeografischen Regionen unterscheiden und das auch erklären können. Dabei wird Niedersachsen durch die Grenzen der atlantischen und kontinentalen (nicht „arktischen“!!) Region in fünf Teilgebiete zerlegt, die weder der Normalbürger noch der Wolf je bemerken werden. Richtig ist dabei, dass die getrennte Bewertung des Wolfsbestandes nach biogeografischen Regionen ein wesentlicher Teil des Streites um die korrekte Feststellung des Erhaltungszustandes ist.

Auch mit der Praxis im Herdenschutz hapert es noch ein wenig. In Niedersachsen stehen nun einmal nicht nur Schafe und Ziegen auf Koppeln und Deichen, zu deren Schutz man zwar mit 90 cm Geflechtzaun der Vorschrift genügt, aber sich sicher sein kann, dass dieser Zaun für einen Wolf keine athletische Anforderung stellt. Dafür stehen aber die Rinder- und Pferdehalter vor der kaum lösbaren Aufgabe, ihre weit größeren Koppeln „wolfssicher“ und zugleich tierschutzgerecht zu zäunen. Verschämt kommt an Schluss auf Nachfrage das Eingeständnis, dass durch die flächendeckende Zäunung von Weideflächen der Biodiversität erheblich größerer Schaden zugefügt wird, als sie durch die eine Art Wolf je gewinnen kann.

Ob und was die neue Wolfsverordnung für Niedersachsen bringen kann, muss die Zukunft zeigen. Es gibt genug Wölfe in Niedersachsen, die hinreichend Schäden an geschützten Weidetieren verursacht haben.

Ist die Verordnung so gut, wie vom Vortragenden dargestellt, werden sich ja die Erfolge einstellen.

Wir warten.

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