Sehr geehrter Herr Noltenius,

unbestritten ist "Die Rückkehr des Wolfes" ein äußerst kontrovers diskutiertes Themenfeld, auf dem sich eine große Anzahl von Fachleuten tummeln. Nur wenige sind meiner Einschätzung nach tatsächlich kundig und seriös oder gar objektiv. Viele der selbsternannten Wolfsspezialisten begegnen dem Thema mit Polemik und Ironie, schlimmstenfalls gepaart mit arroganter Überheblichkeit – sie tragen sicher am Allerwenigsten zur sachlichen Erörterung der Materie bei.

Der "Länderreport" von Deutschlandradio Kultur ist kein Fachmagazin für jagdliche oder zoologische Belange. Es handelt sich hier um einen Sendeplatz, bei dem Autoren einem breiten Publikum, das an den vielfältigen Aspekten des Daseins interessiert ist, mit den stilistischen Mitteln der Reportage von berichtenswerten Geschehnissen unterschiedlichster Art aus den einzelnen Bundesländern erzählen. Für viele Hörer sind diese Sendungen eine Anregung dazu, sich mit einem Sachverhalt später noch intensiver zu befassen. Ich hatte mich dazu entschieden, das Thema "Jäger und Wolf"lokal auf den Raum Niedersachsen zu begrenzen und dort sowohl die Arbeit der Wolfsbeauftragten zu beobachten als auch das direkt betroffene Umfeld einzubeziehen, also die Jägerschaft und das Forstamt. Außerdem erschien es mir im Grimm-Jahr 2013 interessant, die Ebene der Mythen und Märchen zu ergänzen. Denn sie ist natürlich nicht unerheblich an der großen Emotionalität beteiligt, die das Thema Wolf hervorruft. Auch die Wolfsberater berichten von Gesprächen mit Menschen, in denen immer wieder von Märchen gespeiste Urängste zur Sprache kommen.

Meine Sendung besteht aus zwei akustisch und stilistisch voneinander getrennten Erzählebenen. Natürlich ist "Das tapfere Jägerlein", das sich als Märchenmotiv durch die Sendung zieht, keinesfalls der reale Forstamtsleiter, der in der Reportageebene im O-Ton den Verbiss durch das Wild in seinem Revier beklagt. Ich hatte bei meinem Termin vor Ort keinen Grund, an den Aussagen des Forstamtsleiters zu zweifeln und empfinde Ihre Kritik an seiner Arbeit und an seiner Art der Aufforstung als polemisch und unangemessen. Ihre Unterstellung, der Forstamtsleiter setze darauf, dass – Zitat – "Isegrim ihn von der lästigen Pflicht befreien (könne), die bösen Bambis in leckere Braten zu verwandeln, um seine so dicht bepflanzte Buchenplantage in die Gewinnzone zu bringen", erscheint mir daher Zeichen einer von Häme getriebenen Fabulierlust zu sein, wie man sie aus der Anonymität des Internets heraus leider schon fast gewohnt ist. Auch möchte ich gern den Betreiber des Wolfcenters in Schutz nehmen, der keineswegs, wie Sie andeuten, Profiteur eines "Wolfshype" ist. Im Gegenteil: Er ist Kenner der Materie und bemüht sich zum Beispiel mit einer – besonders im historischen Teil – ungewöhnlich umfangreichen Ausstellung, seine Kenntnisse anschaulich, seriös und facettenreich zu vermitteln. Seine Informationen sind ebenso wie die Aussagen der niedersächsischen Wolfsbeauftragten, die Sie offenbar in meiner Sendung völlig überhört haben, gut geeignet, um die aktuelle Arbeit am niedersächsischen Wolfsmonitoring zu beschreiben und beim Thema "Jagd und Wolf" einen umfassenden Überblick zu bieten.

Als ich mich für dieses vielfach sehr hitzig diskutierte Thema entschieden hatte, war mir bewusst, dass ich mich anschließend auch mit Kritik würde auseinandersetzen müssen, schließlich ist die Stimmung aufgeladen und die Interessenlagen sind vielschichtig. Erfreulicherweise habe ich sehr viel positiven Rücklauf bekommen, interessanterweise auch von einigen Jägern. Gerade dass hier ein ernstes, mit Emotionen überladenes Thema mit augenzwinkernder Leichtigkeit angegangen wurde, hat vielen gefallen. Dass das bei Ihnen nicht der Fall ist, tut mir Leid – ich hoffe, bei einer meiner nächsten Sendungen wird das wieder anders sein.

Mir freundlichen Grüßen

Petra Marchewka

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