KOPFLOS

lagen im vergangenen Jahr zwei Wölfe in Brandenburg so auf freiem Feld, dass sie gefunden werden mussten. Dies hatten sie mit weiteren illegal getöteten Wölfen gemeinsam, welche in der Vergangenheit ebenfalls gezielt so platziert wurden, dass ihr Auffinden sichergestellt war und es sich dabei kaum um den Tatort handeln konnte.

Das Zurschaustellen der Kadaver scheint dabei einem Muster zu folgen, welches bereits ein Jahr zuvor aus Italien berichtet wurde, wo sich zu Weihnachten ein toter Wolf auf einer Rathaustreppe und ein geköpfter Kadaver an einem Ortsschild aufgehängt fanden.

Die Suche nach möglichen Tätern einschließlich schwer begründbarer Vermutungen soll hier nicht befeuert werden. Wesentlich interessanter dürfte es sein, sich über die Motive solcher Hasstaten, um nichts anderes handelt es sich, Gedanken zu machen.

Der Wolf ist nach fast 200 Jahren, in denen er in Deutschland nur sporadisch vorkam und bei Auftauchen bis 1990 in der DDR rigoros verfolgt wurde, vor 15 Jahren als nach EU-Maßstab streng geschützte, ja prioritäre Art zurückgekehrt. Seitdem pflanzt er sich hier fort und folgt seiner wissenschaftlich belegten Populationsdynamik, was von offizieller Seite gelegentlich auch überrascht festgestellt wird, ohne dass man bisher bereit ist, daraus Konsequenzen zu ziehen.

Konsequenzen nimmt jedoch dievon der Ausbreitung und Verdichtung des Wolfsbestandes betroffene Landbevölkerung sehr wohl war. Gerissene Haustiere und regional abnehmende Wildtierbestände lassen sich zwar in offiziellen Stellungnahmen kleinreden. Spätestens dann, wenn zum wiederholten Male der Wolf Mangels an Beweisen als Ursache offiziell freigesprochen wird, ist ein noch so wohlgemeintes „Wolfsmanagement“, welches eher die Bezeichnung „Meinungsmanagement in Sachen Wolf“ verdient, nicht mehr in der Lage, die Menschen zu überzeugen, bei denen der Wolf täglich um die Dörfer streicht. Die Anzahl dieser Dörfer und der darin lebenden Menschen nimmt rapide zu. Warnungen und Unmut ob der Wiederkehr und Ausbreitung des Wolfes in Deutschland haben sich frühzeitig und höchst unterschiedlich artikuliert. Ängste, über deren Begründunges je nach Standpunkt sehr unterschiedliche Auffassungen gab und gibt, Sorgen um das angesichts der aktuellen Übernutzung unserer Kulturlandschaft sehr fragile Gleichgewicht zwischen Wildtierbestand und Beutegreifern und noch mehr um die extensive Weidetierhaltung verhallen fast ungehört. Stereotype Antworten zur Harmlosigkeit Isegrims und seiner (schwerlich nachweisbaren) Bedeutung um das „ökologische Gleichgewicht“ sind in den heute bekannten Wolfsgebieten nicht mehr verkäuflich. Ihre Halbwertzeit in neu vom Wolf besiedelten Gebieten ist stark abnehmend.

Es mag sein, dass die kopflosen Kadaver in der Lausitz nur eine Nachahmung des weihnachtlichen Fanals aus den Abruzzen sein sollten. Nur bitte, wer nimmt das Risiko strafrechtlicher Verfolgung mit erheblicher Strafandrohung auf sich, wenn er sich nicht wirklich betroffen fühlt. Dabei reicht die Betroffenheit alleine nicht aus. Dazu gehört, so die subjektive Einschätzung, auch noch die Hilflosigkeit, dass die Gemeinschaft keinen Schutz vor einer persönlich empfundenen Gefahr bietet. Am Ende steht der Hass, welcher solche Taten hervorbringt.

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sind diese Taten in jedem Fall. Zwei geköpfte Wölfe in Brandenburg werden dem Bestand dieser Population nichts anhaben können. Dafür sind sie bestens geeignet, jedes Bemühen um eine Versachlichung der Auseinandersetzung um Wölfe und andere Großprädatoren in unserer Kulturlandschaft zu untergraben. Jeder illegal und öffentlichkeitswirksam getötete Wolf bestätigt dogmatische Artenschützer in ihrer Auffassung, dass Wilderei das exponentielle Wachstum einer Wolfspopulation gefährden könne. Seit seiner Wiederkehr nach Deutschland beweist Isegrim kontinuierlich das Gegenteil.

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Sind ebenfalls die Reaktionen, welche solche Taten in interessierten Kreisen der Wolfslobby hervorbringen. Seien es stereotype Forderungen nach verbandsinternen Ermittlungen der Jägerschaft, sei es das Ausloben von Belohnungen für die Ergreifung der Täter – macht sich immer gut – nur ist Kommissar Zufall kriminalhistorisch deutlich erfolgreicher als Kommissar Geldbeutel.

ZWEIFELHAFT

wird es jedoch, wenn ein Interessenverband in diesem Zusammenhang von einem

TÖTUNGSDELIKT

spricht. Dieser Begriff ist juristisch eindeutig definiert und bezieht sich auf Straftaten gegen das Leben eines Menschen. Ungeachtet persönlicher Empfindungen verbietet er sich im Zusammenhang mit der zweifellos illegalen Tötung eines streng geschützten Tieres von selbst. Hier der Gesellschaft eine Gleichstellung auch nur einer Tierart mit dem Menschen suggerieren zu wollen, entzieht diesen Kreisen jegliche Glaubwürdigkeit.

Gesetze und Vorschriften zum Schutz des Wolfes wurden zu einer Zeit in Bern, Bonn und Brüssel gemacht, als sich die damals Verantwortlichen schwerlich vorstellen konnten, dass diese Art einmal ins westliche Mitteleuropa zurückkehren und hier erhebliche Konflikte auslösen könnte. Es den damals Handelnden anzulasten wäre unbillig. Umso mehr sind die heute für den Artenschutz Verantwortlichen gefordert, der für jedermann erkennbaren Populationsentwicklung des Wolfes Rechnung zu tragen und bereit zu sein, eine nur noch unter kühnsten Rechenexperimenten als gefährdet zu bezeichnenden Wolfspopulation aus den Klauen des Artenschutzes zu entlassen. Dass der Wolf sehr wohl in Kulturlandschaften ohne Gefährdung seiner Art überleben kann, haben uns die Nachbarländer bewiesen, welche historisch mit vitalen Vorkommen leben und diese – vernünftigerweise – auch bejagen. Dieser Umstand ist auch den Menschen bekannt, welche heute in der Lausitz und inzwischen quer durch Norddeutschland mit dem Wolf zu rechnen und zu leben haben.Dort ein akutes Problem zu haben, dessen rechtskonforme Lösung grundsätzlich nur fernab auf europäischer Ebene möglich ist, wird manch Betroffenem nicht eingängig sein. Je länger es dauern wird, bis hier erkennbare Fortschritte erzielt werden, umso eher ist zu befürchten, dass erneut kopfloses Handeln tote oder gar kopflose Wölfe hinterlässt.

Zur Lösung dieses Problems haben diejenigen beizutragen, welche heute mit dem „Management“ des Wolfes betraut sind. Dass dies in Bezug auf die angestrebte Akzeptanz Isegrims in der betroffenen Bevölkerung bis heute nicht annähernd gelungen ist, lässt sich aus den traurigen Fakten ablesen. Rufe nach schärferen Gesetzen, Sonderkommissionen der Polizei und das Ausloben von Belohnungen werden daran nichts ändern.